Zwei Tage dauerte die Reise zu unserer nächsten Destination. Durch das argentinische Hinterland navigierten wir uns Richtung Futaleufú. Direkt neben dem Dorfe am Rande Patagoniens rauscht der mächtige Fluss, welcher dem Ort seinen Namen verleiht. Die Wassermenge der Aare bei Hochwasser presst sich durch Abschnitte mit einschüchternden Namen, wie Inferno, Terminator, Himalaya, Dynamite, Zeta und Trono.

Unsere ersten Paddelversuche auf dem Rio Futaleufú wagten wir auf dem Abschnitt mit dem Namen «Bridge to Bridge». Wir waren sehr froh, Louis an den Siete Tazas getroffen zu haben. Dieser hatte hervorglänzende Kenntnisse über den Fluss und konnte uns jede Stelle erläutern. Wir sparten uns so mühsame Besichtigungen. «Hey Louis, du hesch vier Followers!», wurde zu einem oft gehörten Spruch. Nach der ersten Tuchfühlung auf der «Bridge to Bridge» wagten wir uns in den folgenden Tagen teils erfolgreicher, teils weniger erfolgreich auf die härteren Abschnitte, wie Terminator und Himalaya, welche jeweils vom Son of Terminator und Son of Himalaya gefolgt werden und in den Inferno Canyon führen. Für Fabian war das Wuchtwasser eine neue Erfahrung. Seine Kollegen belustigten sich über seine Flips und Umwege. Neben dem Paddelerlebnis musste auch Ivano zugeben, dass man heutzutage in Futaleufú (für südamerikanische Verhältnisse) sehr gute Teigwaren geniessen kann.
Futaleufú markierte den südlichsten Punkt unserer Chile-Reise. Von diesem Punkt reisten wir zurück in Richtung Santiago de Chile. Es war für uns alle klar, dass wir auf der Rückreise nicht ohne Stopp an Pucón vorbeifahren können. Unser letztes Ziel in Pucón war es, den oberen Teil des Rio Palguin zu befahren. Beim Einstieg dieses Bachs wurde uns auf einen Schlag klar, wie fest wir uns in Chile paddeltechnisch weiterentwickelt haben. Wir konnten unseren KCM-Worldwide-Kleber direkt neben dem DEMSHITZ-Sticker (DEMSHITZ = Pro-Kajak Team gegründet von den legendären Paddlern Dave Fusilli und Jared Seiler) platzieren. Der Fluss selber stellte sich als absolutes Juwel heraus. Direkt nach dem Einstieg trifft man auf einen Double-Drop (ein Wasserfall, der direkt in einen Wasserfall mündet), einige 100 Meter später folgt ein fünf Meter hoher Wasserfall, welcher weder umtragen noch besichtigt werden kann. Kurz danach befindet sich, perfekt in die Schlucht eingebettet, ein weiterer Wasserfall. Zuletzt wird der ganze Abschnitt durch den sogenannten Crack-Drop, der seinem Namen alle Ehre macht, abgerundet.
Die letzte Wildwasserdestination unserer Reise stellte ein Wasserfall auf dem Rio Blanco del Sur dar. Im Gegensatz zu einiger meiner Freunde hatte ich riesigen Respekt vor diesem relativ hohen Sturz in die Tiefe. Louis, Ivano und Bronski schienen meine Bedenken nicht zu teilen. Sie stürzten sich trotz des mühsamen Hochtragens mehrmals hinunter. Ich selbst stand zu Beginn nur am Ufer und bewunderte jede Befahrung. Plötzlich packte mich die Motivation. «Wenn ich einmal eingebootet bin, wird alles wie am Schnürlein gehen», dachte ich mir. Also stieg ich in mein Kajak und liess mich in den winzigen Pool oberhalb des Falles plumpsen. Meinen Vorsatz mit dem Schnürlein hatte ich jetzt schon wieder vergessen, es schien gerissen zu sein. Eingebootet wirkte der Wasserfall noch einmal imposanter. In diesem Moment sah ich nur einen Horizont, welcher drei Meter vor meinem Bootsspitz abriss. Dank der motivierenden Sprüche von Louis und Bronski und dem Mitleid von Oschi, dem Kameramann, wagte ich die ersten Paddelschläge Richtung Abrisskante. Vor mir tauchte die Schlucht auf, ich fühlte, wie ich den Fall hinunterstürzte und sah wie ich mich dem Polster näherte, von welchem ich innert Zehntelsekunden abgebremst wurde. Schlussendlich tauchte ich im Pool unterhalb des Falles auf und verspürte nichts als pure Freude.
Da unsere Gruppe durch die Abreise von Bronski noch einmal schrumpfte, folgten keine Wildwasseraktivitäten mehr auf unserer Reise. Wir verbrachten die letzten Tage in Chile mit Wellensurfen in Curanipe und mit Sightseeing in Santiago de Chile. Schlussendlich traten wir die Heimreise an.